Von Osh nach Barnaul (RU) – Unendliche Weiten Kasachstans

Von Osh nach Biskek – Die ersten Jurten!

Nachdem wir am Abend des zweiten Tages den Raketen-Polo endlich aus seinem ungewohnten Terrain – der Werkstatt – entlassen durften, sammelten wir noch einmal etwas Kraft für die kommende Strecke.
Um 6 Uhr saßen wir am Frühstück und kurz darauf waren wir auch schon auf der Bahn Richtung Norden.
Die Straße schlängelte sich an der Usbekischen Grenze durch kleine Ortschaften und meist an Flüssen entlang.
Unterwegs trafen wir noch ein Deutsche-Britisches-Team mit defekter Kupplung, welche die Strecke permanent im zweiten Gang zurückgelegt hatten und nun doch lieber eine Werkstatt suchten. Interessant war das Starten des Motors im zweiten Gang ohne Kupplung…

Der mittlere Teil der Strecke führte über einen beeindruckenden Pass. Pferdeherden und dazugehörige Jurten säumten den Weg und wieder mutierte der Wüsten-Fox zum Berglöwen und erklomm recht souverän den über 3.000m hohen pass.

Die Abfahrt ware ebenso steil wie der Aufstieg, der auf der Karte erkannte Fluss am Straßenrand – welcher von einer geringeren Steigung ausgehen ließ – entpuppte sich als reißender Sturzbach.

Kurz vor Bishkek wurden noch einmal die Fahrer gewechselt und Caius musste die letzten 50 km durch unwegsamste Baustellen durch die Dunkelheit manövrieren.
Das Hotel sah unserer Unterkunft in Erzincan kurz vor der D915 zum verwechseln ähnlich. Ob wohl die Baupläne weiterverkauft werden?

Apropos D915; als (eine der) gefährlichsten Straßen gekennzeichnet, würden wir nach den Pamirs nun drüber schmunzeln.

Bishkek – Burger, schlafen und weiter nach Almaty

Abends in Bishekek angekommen und eingecheckt sind nur noch schnell um die Ecke zu einem lokalen Burger-Brater gegangen. Das Essen war die letzten Tage recht schlecht und die letzten Wochen zudem arg eintönig.

Wir hatten einige negative Geschichten vom Grenzübergang nach Kasachstan gehört und machten uns auf den Weg den nächsten Stempel in den Pass drücken zu lassen.

Die Kasachische Grenze – Alles halb so wild… oder doch nicht?

Mit leicht aktivem Anstehen – in Westeuropa Vordrängeln genannt – kamen wir recht schnell durch die ersten Absperrungen. Alle auszufüllenden Papiere waren natürlich wieder nur in Kyrillisch und natürlich wieder komplett anders aufgebaut. Aber ebenso selbst verständlich halfen umstehende Grenzgänger beim Ausfüllen – sehr freundlich alle!

Nach dem Papierkram und der Einreise wurde ich als Fahrer noch einmal rausgewinkt und in Richtung Werkstatthalle geschickt. Es stand eine detaillierte Prüfung an – der Sechser im Lotto…
Dort langsam hinrollend sah ich den ersten Soldaten im Schatten eines Baumes auf dem Boden sitzen und auf seinem Smartphone rumdrücken. Mein freundliches „Привет“ wurde mit einem „Hm“ zur Kenntniss genommen, ohne jedoch den Blick zu heben. Als ich nicht weiterfuhr, sondern hilfesuchend nach der nächsten Aufgabe dieses Hinderniskurs den Grenzer angaffte und er dann doch hochblickte, mich als Ausländer identifizierte, den Polo einmal im Kreis betrachtete, wurden seine Augen erst groß und dann sackte er enttäuscht und genervt in sich zusammen.
Er deutete mir in die Halle zu fahren auf der rechten Seite zu warten. Ich tat, wie mir geheißen, stieg aus und wartete Wasser trinkend und am staubigen Auto gelehnt auf die Handwerker. Um mich herum waren folierte Bretter auf Paletten fein säuberlich ausgerichtet und ich stellte mir vor, wie die Einzelteile des Polo diese sukzessive füllen würden.
Ein Deutscher Schäferhund – vermutlich der Drogenspürhund – stöberte bereits durch die Halle, als der vor der Halle sitzende Soldat, nebst einem Offizier und einem Zöllner in sie Halle kamen, sich aufgeregt und auf den Polo zeigend unterhielten.
An einem Schreibtisch in der Ecke mit Röhrenmonitor und alter IBM-Tastatur, wurden kurz Ordner gewälzt und Papiere hin und her geheftet. Ich vermutete wieder Reparatur… Zerlegenanleitungen für einen Polo 86C 2F von 1991 mit AAU als Motorkennbuchstabe und überlegte, ob ich Mesi und Caius noch eine SMS schicken könne, bevor die Grenzer die Innenverkleidung des Polos herausrissen.
Plötzlich wurde es still, ich blickte auf und sah den Zöllner strammen Schrittes auf mich zugehen. Er reichte mir einen Zettel mit Unterschrift uns Stempel – ich war frei! Keine Detail-Kontrolle. Kein zerlegter Polo. Kein Einzelteile auf den Paletten.
Schnell fuhr ich durch die nächsten Kontrollen und schloss zum restlichen Team auf, welches bereits auf mich wartete.
Wir düsten weiter nach Almaty.

Almaty – 320.000 Einwohner und nichts los

Auch hier hatten wir nur einen kurzen Zwischenstop. Waschmaschine anwerfen, Einkaufen und noch kurz im Hard Rock Cafe vorbei – so jedenfalls der Plan. Allerdings waren wir gerade im Airbnb angekommen, als es klingelte und ein Polizist vor der Tür stand, der direkt nach unseren Pässen fragte. In Vermutung, es handle sich um ein illegales Airbnb, übergaben wir die Pässe. Schließlich hätten wir ja meiner Auffassung nach nichts zu befürchten. Der Gastgeber griff umgehend nach seinem Handy und telefonierte los. Noch bevor der uniformierte Teilnehmer dieser spontanen Unterredung die Pässe abschreiben konnte, nahm ihn unser Gastgeber diese wieder ab und überreichte sie uns. Er nahm den Freund und Helfer, welcher gut zwei Köpfe kleiner war als er, in den Arm und schob den sichtlich irritierten Beamten die Treppe hinunter.
Es stellte sich heraus, dass die Vormieter des Airbnb wohl am Abend zuvor eine wilde Party mit viel Alkohol und lautester Musik hatten und ein Nachbar die Cops gerufen hatte. Es klärte sich also alles auf und wir hatten weder da noch später bis zur Ausreise Probleme.

Also auf ins Nachtleben Almatys/Kasachstans… Leider beherbergte das Hard Rock Cafe eine geschlossene Gesellschaft von Radsportlern, sodass wir lediglich durch Zufall nach Beendigung der Veranstaltung noch ein Bier im leeren Restaurant trinken durften. Auch sonst war die Stadt quasi ausgestorben. Kaum jemand auf der Straße, keine Bars, keine Restaurants. Also machten wir uns auf den Heimweg…

Auf dem Weg zur Russischen Grenze

Und dann ging es los… Kasachstan. Wahnsinn, wie groß dieses Land ist. Unsere Tagesziele waren wie immer recht optimistisch bis sportlich gesetzt und so erreichten wir erst Abends eine Unterkunft in Priozersk (Приощерск) am Balkhash-See. Wir aßen gummi-artige Fleischspieße und trockenes Brot zu Abend. Nur das kalte, gezapfte Bier war eine schöne Abwechslung und Belohnung für knapp 600km in mehr als 10 Stunden Fahrzeit.

Wild-Campen in Kasachstan bei 3°C

Das folgende Tagesziel – Pavlodar (Павлодар) verfehlten wir massiv, was nicht zuletzt daran lag, dass wir ein andere Rally Team – die Jungs von Car Blanche – am Straßenrand mir einer Panne sahen und natürlich anhielten. Das zog nicht nicht drei weitere Teams, sondern irgendwann auch eine Streife der Polizei an, welche aber nach kurzer Kontrolle der Situation weiterfuhr.
Die gebrochene Blattfeder wurde notdürftig mit einem Reparaturblech verstärkt und weiter ging die Fahrt. Allerdings löste sich der Convoy sehr schnell auf und wir machten unseren Weg in Richtung Russischer Grenze.

Als die Sonne langsam unterging und die Straßen weiterhin schlecht wurden suchten wir uns einen geeigneten Platz zum Campen, verließen die „Straße“ und schlugen unser Lager hinter einem Hügel auf. Gerade rechtzeitig hatten wir alles fertig und genossen den Blick auf die Milchstraße mit ein paar Snacks.

Die Nacht war kalt. Für mich nicht so sehr wie auf dem Pamir aber dennoch; kalt!
Der Taschenofen heizte seit Stunden den Schlafsack vor und das Zwiebelprinzip wurde direkt von Anfang an umgesetzt. Dennoch war es unangenehm klamm und kalt am nächsten Morgen, um 06:20 Uhr, als ich mit Kamera bewaffnet das Zelt verließ und ein paar Bilder knipste.

Die Russische Grenze

Wir packten unsere feuchten Zelte nach einer notdürftigen Trocknung ein und fuhren weiter Richtung Barnaul (Барнаул), was gar nicht so weit südlich von Novosibirsk (Новосибирск) liegt.
Da wir auch von anderen Russischen Grenze einige Horrorgeschichten gelesen hatten, entschieden wir uns für eben diesen Umweg, da die Grenze im Norden einfacher sein soll.

Und in der Tat waren wir in nicht einmal einer Stunde abgefertigt und zum ersten mal auf dieser Reise in der Russischen Föderation eingereist.
Interessanter Weise tragen die Grenzer auf Russischer Seite schwarze Uniformen, die eher unseren Securities als offiziellen Grenzern ähneln.

So glitten wir weiter über gute Straßen Richtung Barnaul. Das späte Zusammenpacken der Zelte aufgrund der Feuchtigkeit rächte sich nun und wir erreichten Bernaul erst gegen 3 Uhr morgens. Ohne Hotelreservierung fuhren wir die wenigen Adressen ab, die wir hatten und konnten doch noch um das Stundenmotel herumkommen. Nach einigen Preisverhandlungen, gab der Nachtportier nach und ließ uns für ca. 60$ ein paar Stunden im 3-Sterne-Hotel schlafen. Caius zog diesmal das kürzeste Streichholz und bekam das Beistellbett.
Tagsdrauf organisierten wir uns SIM-Karten mit unbegrenztem Internetvolumen(!) und lernten aus den Fehlern Tadschikistans. Jeder hat einen anderen Betreiber ausgewählt, sodass wir für Hotelsuche und Co. hoffentlich gewappnet sind.

Danach machten wir uns über perfekte Straßen auf zur Mongolischen Grenze…

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