Siegerpodest und eine sibirische Rückreise

Auf vielfachen Wunsch eines Einzelnen sind hier noch einmal die dedizierten Bilder unserer Zieleinfahrt.

Die spontane Rückreise mit dem Polo

Danach machten wir uns auf den Rückweg… die 8.570 km Rückweg werden wir vier (der Polo ist ja mittlerweile Team-Mitgleid) wie im Fluge abreißen.

Nach Kasachstan und der Mongolei folgte nun eine andere Weite. Die sibirischen Birkenwälder. Unsere Tagesziele waren sportlich, aber machbar. Doch nach den ersten zehn Stunden Birkenwald, wirkte das vorbeirauschende Weiß fast wie ein Strich-Code…

Der Polo macht(e) sich zunehmend bemerkbar und so wird nicht nur der Motor vom Geschrei des Getriebes übertönt, sondern auch das Fahrwerk resigniert so langsam an den Herausforderungen der Strecke. Mit lauten Schlägen quittiert es jede(!) noch so kleine Unebenheit der Straße. Der Motorraum wird ebenfalls immer öliger und hinterlässt auf so manchem Parkplatz eine kleine Spur.

Die Städte in Sibirien sind trist und grau. Zusammen mit dem kalten Regen läd es kaum zum Verweilen ein, was uns nur schnell weiter Richtung Westen treibt.

Erst in Kazan wird es wieder etwas freundlicher und Mokau übertrifft natürlich wieder alles in Russland.

Die Grenze in die Ukraine war schlussendlich eine der einfachsten der Reise, wenngleich zwischenzeitig ein Alarm die Grenzer zusammenzucken ließ und bewaffnete Soldaten in Schießscharten rannten…

Nur noch knappe 1.700 km trennen uns von daheim… weiter geht’s.

Ein Besuch im „Verbist Care Center“

Wie bereits angekündigt, hatten wir einen Hilferuf aus dem Waisenhaus „Verbist Care Center“ aus Ulaanbaatar erhalten. Mit der Bitte die Problematik einmal zu kommunizieren, wurde ein Kontakt geschlossen und wir wurden zu einem Besuch der Einrichtung eingeladen.

Mit einiger Verspätung (der Verkehr in der Hauptstadt ist einfach unbeschreiblich) erreichten wir das Waisenheim und wurden sofort vom Fahrer/Security als Besucher identifiziert und gebeten auf dem Hof zu parken.

Bruder Simon Mputu Hgandu empfing uns noch auf dem Hof und führte uns ins 2. OG in das Büro der Direktorin, welche nicht zugegen war. Er selbst war seit fünf Jahren in der Mongolei und seit zwei Jahren im „Verbist Care Center“ Waisenheim.

 

ZDF (Zahlen, Daten, Fakten)

Seit 24 Jahren existent, beherbergt das Haus aktuell vierzig permanente Kinder und sieben Wochenendschläfer, welche sonst im Internat unterrichtet werden. Die Kinder werden zwischen drei und neun Jahren aufgenommen und kommen meist über die Polizei zum Heim. Für Kinder jünger als drei, gibt es eine alternative Einrichtung, ein „Kindergarden“ wie Simon sagte, im Norden Ulaanbaatars. Kinder älter als neun Jahren, müssen ebenfalls zu einer alternativen Einrichtung.

Die Gründe, um ein Leben als Waise in der Mongolei führen zu müssen, sind vielfältig. Am meisten berührte (und schockte!) mich eine Geschichte eines kleinen Mädchens, welche zusammen mit ihrem Bruder von der Familie verstoßen wurde, weil mit ihrer Geburt Unheil über die Familie kam und der lokale Schamane dies auf die Tochter zurückführte. Die Familie wurde nach der Aufnahme der Kinder mühsam ausfindig gemacht, jedoch wurde nur der Bruder wieder aufgenommen. Das kleine, bildschübsche und, lt. Simon, sehr aufgeweckte Mädchen ist mittlerweile zwölf Jahre alt und weiß um ihre Situation. Ihr Bruder kommt sie ab und zu besuchen. Aber eine Familie hätte sie ohne das Heim de facto nicht mehr.

Wir gingen in die Kantine und tranken Milchtee mit Gebäck. Beim anschließenden Rundgang sahen wir die makellos sauberen und ordentlich aufgeräumten Zimmer. Es gab drei Gruppen: die Jungs, kleine Mädchen und große Mädchen. Jeweils gab es eine/n Gruppenvorsteher/in, welche sich um die Ordnung aber auch um die Belange kümmerten. Der Jungenvorstand wirkte mit seinen ca. zwölf Jahren eher wie Mitte zwanzig und schaute genau darauf was wir in „seinem Gebiet“ machen und schloss die Türen anderer Kinder hinter ihnen.

Um die 3 Gruppen kümmern sich insgesamt 12 „Angestellte“:

1 Köchin

1 Direktorin

1 Bruder Simon

1 Fahrer/Security

4 Rund-um-die-Uhr-Schichtler

1 Teilzeit-Krankenschwester

…und weitere plus eine Menge freiwillige Helfer.

 

Als wir in das Zimmer der Krankenschwester gingen, sahen wir einen kleinen Raum mit zwei Stockbetten. Hier war die Quarantäestation der Einrichtung und neu aufgenommene Kinder wurden hier zur Beobachtung verbracht. Es gab zwei Neuankömmlinge. Brüder. Der Vater war scheinbar alleinerziehend und stark alkoholkrank, sodass die Jungs nicht im Ansatz ein „normales Leben“ führen konnten. Lt. Simon war der Rücken der Kinder von Narben übersät, welche der Vater den Kindern wohl im Vollrausch zufügte…

 

Im Keller des Hauses gab es neben einem „Partyraum“ auch eben den problembehafteten Heizungskeller, welcher aktuell notdürftig mit Boilern und Radiatoren funktionsfähig gehalten wird. Die Rohre wurden geflickt und es leckt auch kaum noch. Um 59 Personen (aktuell 47 Kinder und 12 „Angestellte“) durch den Winter zu bringen dürfte es jedoch nicht halten. Die Winter sind eisig in der Mongolei. Temperaturen und -30°C sind keine Seltenheit und auch -40°C sind durchaus möglich. Die Schulen sind den kompletten Januar geschlossen, da es einfach zu kalt ist, um Kinder in die Schule schicken.

 

Als wir Simon anschließend den Polo zeigten schmunzelte er und deutete auf einen Renault Kangoo ohne Kennzeichen im Hof, welcher von Weltreisenden gespendet wurde, er ihn aber seit mehr als zwei Jahren nicht angemeldet bekommt.

Zudem scheint die Regierung auch nicht gerade hilfreich zu sein. So wird dem Verbist Care Center von offizieller Seite wohl häufig Unterschlagung/Steuerhinterziehung vorgeworfen, da man davon ausgeht, dass Gewinn erwirtschaftet wird. Und das, obwohl als NGO alle Bücher und Konten offen liegen.

 

Wir hatten zuvor noch etwas Spielzeug gekauft und auch eine Notfallration iHv 30 kleinen Haribos-Tüten im Auto, welche wir direkt den Kindern dalassen wollten. Simon meinte jedoch es sei netter für alle, wenn man es direkt übergibt und so wurden die Kinder kurzerhand zusammengetrommelt, reihten sich auf (Mesi wurde als „Vordrängler“ von einem ca. 6 Jahre alten Mädchen zurechtgewiesen und auf seine Position geschoben (siehe Bild unten), bedankten sich lautstart und fielen über die Mitbringsel her.

 

Bei der Verabschiedung sahen wir noch einen Jungen auf der Bank sitzen und Simon meinte, dass er bereits 18 sei, seinen High-School Abschluss erreicht hatte und nun studierte. Er wurde als Kind zusammen mit seiner Schwester auf einer Müllkippe gefunden und war aufgrund von Problemen an den Beinen mit sechs Jahren noch nicht in der Lage zu laufen. Seine Schwester verstarb kurz nach dem Auffinden. Der Bengel benötigte sieben Operationen damit er aufrecht gehen konnte. Eins smarter, junger Mann, der nun Informatik studiert. Die Universität ist hier nicht kostenfrei und so muss immer ein Sponsor gefunden werden, der die Studiengebühren und ein Wenig der Ausrüstung trägt.

 

Es gab einige Erfolgsgeschichten in der Vergangenheit des Hauses. So ging ein Waisenjunge zum Militär und wurde Offizier. Ein Waisenmädchen wurde im „Zentralabitur“ zweite und studiert nun auf den Philipinen Psychologie dank stipendium. Auch wurden wir auf ein Bild aufmerksam, dass ehem. Heimkinder bei dem Jährlichen treffen zeigt. Viele scheinen gut ausgebildete Erwachsene zu sein. Einige haben bereits selber Kinder auf den Bildern.

 

Diese Erfolgsgeschichten und der makellose Zustand der Einrichtung lassen keine Zweifel, dass hier vernünftige und nachhaltige Lösungen erdacht und konsequent umgesetzt werden.

https://www.betterplace.me/verbist-care-center-warm-water spenden wäre cool. Teilen wäre aber schon mehr als nett!

-Tobi

Ulaanbaatar – Aus dem nichts ins Verkehrschaos

Mongolei – Tag 5

Die Nacht in der Jurte war angenehm warm. Der Ofen heizte bis spät in die Nacht und dank ein paar Decken als Matratze und unseren Schlafsäcken war es dann doch gemutlich warm.
Zudem gab es Abends noch ein ordentliches Schälchen Airag – vermentierte Stutenmilch und Milchtee.

Am Morgen feuerten wir noch kurz den Ofen an, um ein wenig Wärme zu tanken, genossen den morgentlichen Tee und etwas, was man als dünnflüssigen Milchreis bezeichnen könnte.
Wir verstauten zügig unsere Sachen, bezahlten und waren schon wieder unterwegs.
Leider hielt die Straße nicht was sie versprach und so mussten wir knapp 11 km Umweg über die uns allzu bekannten Geröllstraßen nehmen. Danach lief es aber ganz ordentlich und wir waren optimistisch die letzten 600 km in unter 8 Stunden zu schaffen…

Wir erreichen Ulaanbaatar – Hauptstadt der Mongolei und ehem. Ziellinie der Mongol Rally

Am Abend des fünften Tages der Mongolei kamen wir endlich in Ulaanbaartar an…

Warum genau The Adventurists das Ziel von Ulaanbaatar (Mongolei) nach Ulan-Ude (Russland) verlegt haben ist nicht zu 100% geklärt. Aufgrund des zu hinterlegenden Pfandes iHv. 1.300,00 GBP beim Veranstalter für die Einreise in die Mongolei mit ausländischem PKW, liegt es jedoch nahe, dass die Mongolen einfach keine Lust mehr auf schrottige Kleinwagen haben, die nach Beendigung der Rally dann wohl gerne einmal aufgegeben wurden.

Was wiederum klar ist, ist dass Ulaanbaatar (auch von den Einheimischen nur „UB“ abgekürzt) eine bewegte Vergangenheit hat und in den letzten Jahren ein rasantestes Wachstum aufzeigte.
So wurde es im 17. Jahrhundert erstmals erwähnt – damals noch als loses Zeltlager der Nomaden – und somit als „Camp“ betitelt. Zudem scheint eine schriftliche Erwähnung des losen Zeltverbunds vermutlich der Tatsache geschuldet, dass der damalige Buddhistische Führer der Mongolei in eben diesem mitreiste.
Dies beantwortet dann auch die evtl. Frage nach der Staatsreligion; Buddhismus.
Vom „Camp“ ging es dann zum „Großen Camp“.
Nachdem sich die Mongolen 1911 von den Chinesen lossagen konnten, wurde die damalige Stadt erstmal befestigt als „Capital Camp“ (in etwa „Hauptstadt-Camp“) erwähnt, was die Chinesen nicht daran hindern sollte 1918 noch einmal die jetzige Haupstadt und damit die Mongolei zu besetzen. Die Idee gefiel auch den Russen, sodass sie diese nur drei Jahre später ebenfalls besetzten und 1924 in Ulaanbaatar („Red Hero“ / „Roter Held“) umbenannten – klar, hatte doch der russische, rote Kommunismus den chinesischen, roten Kommunismus besiegt…

Kopf -> Tisch

Interessanter Weise wird dieser Name im Winter gegen „Kharbaatar“ (Black Hero / Schwarzer Held) umbenannt , da der Ruß der Kohleöfen die Stadt schwarz anmalt.
Im 21. Jahrhundert erlebte die Mongolei aufgrund ihrer reichen Bodenschätze einen wahren Boom, was aus dem ehem. fast überschaubaren UB mit ca. 300.000 Einwohnern eine Millionenstadt werden ließ. So sollen knapp 50% der etwa 3 Mio. Mongolen in der Hauptstadt leben.

Wir erreichten unser Airbnb gegen 20 Uhr und gaben uns erst einmal der Körperpflege hin… Vier Tage und drei Nächte Camping ohne Wasser in der Nähe wollen dann doch erst einmal runtergeschrubbt und ausgewaschen werden.
Danach ging es auf einen ersten Erkundungsgang durch die Stadt. Unsere Unterkunft lag recht zentral und so konnten wir schon ein paar Sehenswürdigkeiten abhaken. Lediglich die Suche nach einem Restaurant mit Pferde- und Yakspezialitäten gestaltete sich schwierig, so dass wir in einem Touristen-Lokal endeten, was uns jedoch satt und glücklich werden ließ.

Noch schwieriger gestaltete sich die Such nach einer Bar für einen Absacker, da fast alles geschlossen war. So schnappten wir uns nach einem mittelmäßigen Bier ein „Taxi“. Hinweis; es scheint keine Taxen zu geben. Man winkt einfach an der Straße bis ein Auto hält. Dann wird das Ziel und der Preis festgelegt und los gehts.

– Tobi

Mongolei die Dritte – Auf der Straße aus der Hölle

Wir hatten gehört, dass die Südroute besser sein soll. Bis auf einen kleinen Teil. Prozentual gesehen mag das stimmen, dennoch sind 1,5 Tage auf einer absolut nicht existenten Straße einfach zu viel.

Langsam frustriert suchten wir uns also unseren Weg durch die Steppe. Meist fuhren wir einfach in den Spuren anderen Fahrzeuge. Ab und zu hatten wir dann fünf „Straßen“ …oder Fahrspuren zur Auswahl. So verfuhren wir uns hin und wieder. Aber „alle Straßen führen nach Ulaanbaatar“ scheint zu stimmen. Irgendwann schafften wir es wieder in die Zivilisation mit Handyempfang, Elektrizität und Straßen!

Die erste und bisher einzige Wasserdurchfahrt schaffte der jetzige „Amphibien-Polo“ problemlos. Lediglich das Sorgenkind – der Unterbodenschutz – löste sich ab, sodass Mesi sich einmal mehr in den Staub werfen und es reparieren musste.

Wir fuhren noch ein paar hundert Kilometer und fanden eine Ansammlung von umzäunten Jurten, in denen wir um ein Nachtlager ersuchten, da es zwischenzeitig arg stürmisch wurde. Mit Hand und Fuß (der Standardsprache seit einiger Zeit) konnten wir uns verständigen, bis wieder ein anderer Gast mit Englischkenntnissen aushalf. Und nicht nur das. Er kümmerte sich mehr als rührend um uns und unser Wohlbefinden. So wies er die Cheffin der Unterkunft an das Klo zu putzen, die feiernden/betrunken Mongolen aus einer anderen Hütte fernzuhalten, uns noch zu bekochen oder Feuerholz für die Hütte zu organisieren… Promt wurde mit der Umsetzung begonnen und die Chefin persönlich kam mit dem fehlenden Kaminrohr an, welches noch auf den Ofen montiert werde musste, damit wir keiner Kohlenmonoxidvergiftung erlagen.

Die Jurte heizte sich binnen weniger Minuten auf und wir zogen gemütlich ein.

Das Essen kam spät und auch hier brachte unser mongolischer Helfer es selbst. Und nicht nur das. Da der Koch bereits Feierabend hatte, sprang die Frau des „Übersetzers“ ein und kochte uns kurzerhand Reis mit Kartoffeln und Lamm in der Unterkunftsküche.

-Tobi

Die Mongolei – Gegen diese Steppe ist Kasachstan ein Kinderspielplatz

Wir verließen Ölgii in Richtung Süd-Ost und folgten den Ratschlägen der einheimischen Befragten und den Bildern aus der großen WhatsApp-Gruppe der Rally-Teilnehmer und suchten die Süd-Route. Die Strecke soll vergleichsweise langweilig, jedoch wesentlich besser ausgebaut, sein. Und tatsächlich brausten wir mit um die 100km/h durch die Mongolische Steppe auf neustem Fahrbahnbelag.
Vor allem zu Beginn der Etappe im Norden sahen wir riesige Raubvögel – vermutlich Adler – die auch gerne einmal ein Erdmännchen am Straßenrand zerteilten.

Die Landschaft wechselte sich ab mit Bergen und Seen, die Herden verschiedenster Nutztiere (Kamele, Yaks, Schafe, Ziegen, Kühe, Pferde) grasten in „Grüppchen“ zu hunderten und vereinzelt sahen wir Jurten mit Solar-Panels und Satellitenschüsseln.

Die wenigen „Ortschaften“ die wir durchfuhren bestanden meist aus nicht mehr, als einem Polizeihäuschen und ein paar Jurten. Das vereinfachte die Schlafplatzwahl und so folgten wir dem Vorschlag iOverlanders zu einem ruhigen Schlafplatz hinter einem kleinem Dorf am Straßenrand.
Tatsächlich war der wilde Campingplatz gut gelegen und durch allerlei Gestrüpp vor direkten Blicken aus dem Dorf geschützt.

Von dort aus ging es immer weiter der Straße entlang, welche zunehmen schlechter wurde. Die Ortschaften wurden noch kleiner aber immerhin gab es „Supermärkte“, Tankstellen und auch schon einmal ein Restaurant, in welches uns dann der Hunger trieb. Die Auswahl war recht groß, die Sprachbarriere jedoch größer. Das führte dazu, dass wir aus Spaß über _Schnitzel_ sprachen und uns dies prompt angeboten wurde. Neben ein paar weitern Köstlichkeiten, die wir auf dem Handy zeigen konnten, wurde auch bald unser Mahl serviert. Das „Schnitzel“ stellte sich als Hacksteak unbekannter Herkunft mit einem Rührei als Decke heraus. Alles in Allem war auch die Mongolei bisher kein Gaumenschmaus und der (Google-)Blick auf Ulaanbaatar (https://de.wikipedia.org/wiki/Ulaanbaatar) auf die dortigen Restaurants ließ nicht viel Hoffnung zu.

Wir setzen unsere Reise auf losem Geröll, Schotter, verblockten Steinpassagen und Wüstensand fort und fanden schlussendlich eine nette Stelle zum Campen nahe der „Autobahn“. Hier schlugen wir Zelte und Tarp auf und schmissen die Kochstelle für „Terence-Hill-Bohnen“ an – für die originalen „Bud-Spencer-Bohnen“ fehlten unser leider ein paar Zutaten. Dabei bekamen wir einen der längsten und beeindruckendsten Sonnenuntergänge zu sehen. Die Nacht war ruhig, wenngleich auch ein Murmeltier pfeifend durch unser Lager lief und ein Hund unseren Polo markierte. Die angrenzende Kamelherde blieb auf weite Distanz und so wachten wir recht entspannt und ausgeruht auf und setzten unsere Fahrt Richtung Osten fort…

Auf in die Mongolei!

So rollten wir also gen Süden, der Mongolei entgegen. Die Landschaft erinnerte eher an British Colombia in Kanada,als an Steppe und Wüste, auf was wir uns ja nun schon (wieder) vorbereiteten. Undurchdringlicher Mischwald links und rechts. Lange sahen wir kein Grün auf unserer Reise, sodass es geradezu befremdlich wirkte. Auf Schildern an der Straße wurde auf Bären, Wölfe, Luchse und weiteres Wild hingewiesen, von dem wir jedoch nichts sahen.

Eine Nacht vor der Grenze

In Internetforen war von Wartezeiten bis zu neun Stunden die Rede. Auch die einschlägigen Apps, wie iOverlander hatten einige schlechte Nachrichten für uns. Zudem war die Grenze lediglich von 9 Uhr bis ca.(!) 17 Uhr geöffnet. Und das nur montags bis samstags.

Über perfekte Straßen glitten wir durch die Dunkelheit nach Kosh-Agach (Кош-Агач), einem kleinen Ort vor der Grenze, wo wir nur schnell schliefen, um uns morgens der Grenze zu stellen. Das Zimmer war wie der Rest der Behausung; aus Müll/Schrott zusammengebaut. Aber bei 20$ für ein Dreibettzimmer meckert man nicht, man trinkt einen Vodka und schläft schnell ein…

Später stellte sich heraus, dass die von uns in Dunkelheit durchfahrene Gegend lt. National Geografic zu den schönsten Straßen der Welt gehört. Ein Grund mehr noch einmal hier lang zu fahren.

Die Grenze in die Mongolei

Die Grenze der Russen war verwirrend, aber einfach. Fahrer raus, Rest im Auto bleiben, Zollpapiere vom Auto abstempeln lassen, Taschen aus dem Auto und alle Mann fußläufig und mit Röntgen des Gepäcks über die Grenze. Die „Passagiere“ mussten wieder warten und ich als „Fahrer“ musste einmal ein paar Türen und zwei von drei der Alukisten von Beelmann öffnen. Fertig.
Danach fuhren wir noch eine knappe halbe Stunde durchs Niemandsland mit ein wenig russischem Militär. Alles in allem also eine ganz normale Grenze. Wie die anderen 19 zuvor auch. Zu guter Letzt fuhren wir, nach Kontrolle des Kennzeichens per Funk, aus dem Niemandsland der russischen Seite. Hier hörte auch die Straße auf und wir holperten direkt auf einen Feldweg mit Sandbunkern und verblockten Stellen mit Findlingen.

Wir erreichten die mongolische Grenze und auch hier ging das Chaos weiter. Zettel ausfüllen, warten, Papiere erbeten, weiterfahren, auspacken, sich von einer mongolischen Großfamilie durch die Kontrollen schubsen lassen, Gepäck durchleuchten, Zollpapiere des Autos erbitten, stempeln, stempeln, stempeln, einpacken, fertig. Ganz einfach, oder? Interessant war, dass alle Militärs weiblich waren an der Grenze. Der Zoll jedoch männlich besetzt war.

Wir rumpelten dann also über unbefestigte Straßen weiter Richtung Ölgii, unserem Tagesziel. Und tatsächlich wurde die Straße dann auch spontan besser und irgendwann sogar gut.
In Ölgii organisierten wir uns erst einmal einen Mechaniker, da wir bereits 1.500 km (oder 10%) über dem Ölwechsel waren. Danach ging es zum lokalen Handyprovider, wo es Gratis-SIM-Karten mit 3-GB-Datenvolumen gab! Ob dies nur für Ausländer galt oder ein ziemlich aggressives Marketing für Marktanteile war, erschloss sich uns nicht. Aber wir waren glücklich.
Auch eine Unterkunft war beim zweiten Versuch organisiert und so warteten wir wieder bei der Werkstatt auf unseren Ölwechsel.
Nach knapp 3 Stunden warten (mit zwischenzeitlichem Organisieren o.g. Dinge) entschieden wir uns einfach, nachnebenan zu gehen und es dort zu versuchen. Und tatsächlich konnte man uns doch recht schnell helfen. Zwar hatten wir nicht das 100% korrekte Öl gefunden, konnten aber ein schönes Cuvée herstellen, was dem Motor schmecken dürfte. Zudem hatte sich der Gummidämpfer im Domlager vorne links wieder einmal verabschiedet und auch der zusätzliche Unterbodenschutz brauchte ein wenig Aufmerksamkeit. So werkelten wir also alle zusammen – Mechaniker und Rally-Crew – am Polo und waren um 20 Uhr dann endlich fertig.
26€ kostete alles zusammen und wir gaben den Mechanikern und unserem netten Übersetzer (einem mongolischen Kunden der Werkstatt, der zwei Jahre in den USA arbeitete) noch kleine Jägermeisterflasche und tranken ein Feierabendbier.
Das anschließende Abendessen erfüllte leider nicht die Erwartungen, welche Lonely Planet, Google Maps und auch lokale Empfehlungen versprachen, und so spazierten wir mit hängenden Köpfen Richtung Hotel.
Caius hingegen hatte zuvor das Auto zum Hotel gebracht und dort den Manager getroffen, welcher auch einen kleinen Club im Ort betreibt.
Diesen suchten wir noch schnell für einen Absacker auf und führten das im Hotel weiter.

Verschlafen, aber noch im Rahmen, machten wir uns auf den Weg in Richtung Ulaanbaatar auf.

a

Von Osh nach Barnaul (RU) – Unendliche Weiten Kasachstans

Von Osh nach Biskek – Die ersten Jurten!

Nachdem wir am Abend des zweiten Tages den Raketen-Polo endlich aus seinem ungewohnten Terrain – der Werkstatt – entlassen durften, sammelten wir noch einmal etwas Kraft für die kommende Strecke.
Um 6 Uhr saßen wir am Frühstück und kurz darauf waren wir auch schon auf der Bahn Richtung Norden.
Die Straße schlängelte sich an der Usbekischen Grenze durch kleine Ortschaften und meist an Flüssen entlang.
Unterwegs trafen wir noch ein Deutsche-Britisches-Team mit defekter Kupplung, welche die Strecke permanent im zweiten Gang zurückgelegt hatten und nun doch lieber eine Werkstatt suchten. Interessant war das Starten des Motors im zweiten Gang ohne Kupplung…

Der mittlere Teil der Strecke führte über einen beeindruckenden Pass. Pferdeherden und dazugehörige Jurten säumten den Weg und wieder mutierte der Wüsten-Fox zum Berglöwen und erklomm recht souverän den über 3.000m hohen pass.

Die Abfahrt ware ebenso steil wie der Aufstieg, der auf der Karte erkannte Fluss am Straßenrand – welcher von einer geringeren Steigung ausgehen ließ – entpuppte sich als reißender Sturzbach.

Kurz vor Bishkek wurden noch einmal die Fahrer gewechselt und Caius musste die letzten 50 km durch unwegsamste Baustellen durch die Dunkelheit manövrieren.
Das Hotel sah unserer Unterkunft in Erzincan kurz vor der D915 zum verwechseln ähnlich. Ob wohl die Baupläne weiterverkauft werden?

Apropos D915; als (eine der) gefährlichsten Straßen gekennzeichnet, würden wir nach den Pamirs nun drüber schmunzeln.

Bishkek – Burger, schlafen und weiter nach Almaty

Abends in Bishekek angekommen und eingecheckt sind nur noch schnell um die Ecke zu einem lokalen Burger-Brater gegangen. Das Essen war die letzten Tage recht schlecht und die letzten Wochen zudem arg eintönig.

Wir hatten einige negative Geschichten vom Grenzübergang nach Kasachstan gehört und machten uns auf den Weg den nächsten Stempel in den Pass drücken zu lassen.

Die Kasachische Grenze – Alles halb so wild… oder doch nicht?

Mit leicht aktivem Anstehen – in Westeuropa Vordrängeln genannt – kamen wir recht schnell durch die ersten Absperrungen. Alle auszufüllenden Papiere waren natürlich wieder nur in Kyrillisch und natürlich wieder komplett anders aufgebaut. Aber ebenso selbst verständlich halfen umstehende Grenzgänger beim Ausfüllen – sehr freundlich alle!

Nach dem Papierkram und der Einreise wurde ich als Fahrer noch einmal rausgewinkt und in Richtung Werkstatthalle geschickt. Es stand eine detaillierte Prüfung an – der Sechser im Lotto…
Dort langsam hinrollend sah ich den ersten Soldaten im Schatten eines Baumes auf dem Boden sitzen und auf seinem Smartphone rumdrücken. Mein freundliches „Привет“ wurde mit einem „Hm“ zur Kenntniss genommen, ohne jedoch den Blick zu heben. Als ich nicht weiterfuhr, sondern hilfesuchend nach der nächsten Aufgabe dieses Hinderniskurs den Grenzer angaffte und er dann doch hochblickte, mich als Ausländer identifizierte, den Polo einmal im Kreis betrachtete, wurden seine Augen erst groß und dann sackte er enttäuscht und genervt in sich zusammen.
Er deutete mir in die Halle zu fahren auf der rechten Seite zu warten. Ich tat, wie mir geheißen, stieg aus und wartete Wasser trinkend und am staubigen Auto gelehnt auf die Handwerker. Um mich herum waren folierte Bretter auf Paletten fein säuberlich ausgerichtet und ich stellte mir vor, wie die Einzelteile des Polo diese sukzessive füllen würden.
Ein Deutscher Schäferhund – vermutlich der Drogenspürhund – stöberte bereits durch die Halle, als der vor der Halle sitzende Soldat, nebst einem Offizier und einem Zöllner in sie Halle kamen, sich aufgeregt und auf den Polo zeigend unterhielten.
An einem Schreibtisch in der Ecke mit Röhrenmonitor und alter IBM-Tastatur, wurden kurz Ordner gewälzt und Papiere hin und her geheftet. Ich vermutete wieder Reparatur… Zerlegenanleitungen für einen Polo 86C 2F von 1991 mit AAU als Motorkennbuchstabe und überlegte, ob ich Mesi und Caius noch eine SMS schicken könne, bevor die Grenzer die Innenverkleidung des Polos herausrissen.
Plötzlich wurde es still, ich blickte auf und sah den Zöllner strammen Schrittes auf mich zugehen. Er reichte mir einen Zettel mit Unterschrift uns Stempel – ich war frei! Keine Detail-Kontrolle. Kein zerlegter Polo. Kein Einzelteile auf den Paletten.
Schnell fuhr ich durch die nächsten Kontrollen und schloss zum restlichen Team auf, welches bereits auf mich wartete.
Wir düsten weiter nach Almaty.

Almaty – 320.000 Einwohner und nichts los

Auch hier hatten wir nur einen kurzen Zwischenstop. Waschmaschine anwerfen, Einkaufen und noch kurz im Hard Rock Cafe vorbei – so jedenfalls der Plan. Allerdings waren wir gerade im Airbnb angekommen, als es klingelte und ein Polizist vor der Tür stand, der direkt nach unseren Pässen fragte. In Vermutung, es handle sich um ein illegales Airbnb, übergaben wir die Pässe. Schließlich hätten wir ja meiner Auffassung nach nichts zu befürchten. Der Gastgeber griff umgehend nach seinem Handy und telefonierte los. Noch bevor der uniformierte Teilnehmer dieser spontanen Unterredung die Pässe abschreiben konnte, nahm ihn unser Gastgeber diese wieder ab und überreichte sie uns. Er nahm den Freund und Helfer, welcher gut zwei Köpfe kleiner war als er, in den Arm und schob den sichtlich irritierten Beamten die Treppe hinunter.
Es stellte sich heraus, dass die Vormieter des Airbnb wohl am Abend zuvor eine wilde Party mit viel Alkohol und lautester Musik hatten und ein Nachbar die Cops gerufen hatte. Es klärte sich also alles auf und wir hatten weder da noch später bis zur Ausreise Probleme.

Also auf ins Nachtleben Almatys/Kasachstans… Leider beherbergte das Hard Rock Cafe eine geschlossene Gesellschaft von Radsportlern, sodass wir lediglich durch Zufall nach Beendigung der Veranstaltung noch ein Bier im leeren Restaurant trinken durften. Auch sonst war die Stadt quasi ausgestorben. Kaum jemand auf der Straße, keine Bars, keine Restaurants. Also machten wir uns auf den Heimweg…

Auf dem Weg zur Russischen Grenze

Und dann ging es los… Kasachstan. Wahnsinn, wie groß dieses Land ist. Unsere Tagesziele waren wie immer recht optimistisch bis sportlich gesetzt und so erreichten wir erst Abends eine Unterkunft in Priozersk (Приощерск) am Balkhash-See. Wir aßen gummi-artige Fleischspieße und trockenes Brot zu Abend. Nur das kalte, gezapfte Bier war eine schöne Abwechslung und Belohnung für knapp 600km in mehr als 10 Stunden Fahrzeit.

Wild-Campen in Kasachstan bei 3°C

Das folgende Tagesziel – Pavlodar (Павлодар) verfehlten wir massiv, was nicht zuletzt daran lag, dass wir ein andere Rally Team – die Jungs von Car Blanche – am Straßenrand mir einer Panne sahen und natürlich anhielten. Das zog nicht nicht drei weitere Teams, sondern irgendwann auch eine Streife der Polizei an, welche aber nach kurzer Kontrolle der Situation weiterfuhr.
Die gebrochene Blattfeder wurde notdürftig mit einem Reparaturblech verstärkt und weiter ging die Fahrt. Allerdings löste sich der Convoy sehr schnell auf und wir machten unseren Weg in Richtung Russischer Grenze.

Als die Sonne langsam unterging und die Straßen weiterhin schlecht wurden suchten wir uns einen geeigneten Platz zum Campen, verließen die „Straße“ und schlugen unser Lager hinter einem Hügel auf. Gerade rechtzeitig hatten wir alles fertig und genossen den Blick auf die Milchstraße mit ein paar Snacks.

Die Nacht war kalt. Für mich nicht so sehr wie auf dem Pamir aber dennoch; kalt!
Der Taschenofen heizte seit Stunden den Schlafsack vor und das Zwiebelprinzip wurde direkt von Anfang an umgesetzt. Dennoch war es unangenehm klamm und kalt am nächsten Morgen, um 06:20 Uhr, als ich mit Kamera bewaffnet das Zelt verließ und ein paar Bilder knipste.

Die Russische Grenze

Wir packten unsere feuchten Zelte nach einer notdürftigen Trocknung ein und fuhren weiter Richtung Barnaul (Барнаул), was gar nicht so weit südlich von Novosibirsk (Новосибирск) liegt.
Da wir auch von anderen Russischen Grenze einige Horrorgeschichten gelesen hatten, entschieden wir uns für eben diesen Umweg, da die Grenze im Norden einfacher sein soll.

Und in der Tat waren wir in nicht einmal einer Stunde abgefertigt und zum ersten mal auf dieser Reise in der Russischen Föderation eingereist.
Interessanter Weise tragen die Grenzer auf Russischer Seite schwarze Uniformen, die eher unseren Securities als offiziellen Grenzern ähneln.

So glitten wir weiter über gute Straßen Richtung Barnaul. Das späte Zusammenpacken der Zelte aufgrund der Feuchtigkeit rächte sich nun und wir erreichten Bernaul erst gegen 3 Uhr morgens. Ohne Hotelreservierung fuhren wir die wenigen Adressen ab, die wir hatten und konnten doch noch um das Stundenmotel herumkommen. Nach einigen Preisverhandlungen, gab der Nachtportier nach und ließ uns für ca. 60$ ein paar Stunden im 3-Sterne-Hotel schlafen. Caius zog diesmal das kürzeste Streichholz und bekam das Beistellbett.
Tagsdrauf organisierten wir uns SIM-Karten mit unbegrenztem Internetvolumen(!) und lernten aus den Fehlern Tadschikistans. Jeder hat einen anderen Betreiber ausgewählt, sodass wir für Hotelsuche und Co. hoffentlich gewappnet sind.

Danach machten wir uns über perfekte Straßen auf zur Mongolischen Grenze…

Polo 2² – Die Rückkehr

Leider ist auch das Abladen des Polo nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Das Ziehen mit der Seilwinde ohne das vorherige Füllen der Reifen hat fast alle Schläuche durchlöchert. Zusammen mit der fast abgerissenen Frontstoßstange, dem „höhergelegten“ Tank und dem auslaufenden Getriebe war es eine richtige Freude, eine Werkstatt zu suchen, die sich dem Thema annahm.

Dachten wir… Denn interessanterweise konnte unser Rezeptionist aus unserem Hotel nicht nur Deutsch, sondern wies uns auch – nach unseren stümperhaften Versuchen auf Grundlage von iOverlander und Co. – in eine komplette Autostadt mit Werkstätten, Geschäften und „Masters“.

Hier läuft das natürlich auch alles etwas anders, als wir es gewohnt sind. Es gibt einen Schrauber mit einer Grube, der Teile ein- und ausbaut, wechselt und instandhält. Benötigt er ein Teil, weist er einem die Richtung und man muss selber losrennen und das Teil besorgen. Bei komplexen Problemen, wie bspw. einem gerissenen Getriebegehäuse und einer nicht mehr funktionierenden Schaltung, werden gleich mehrere Parteien involviert. Der eine baut das Getriebe aus, der nächste (ein „Master“) um die Ecke zerlegt es und kontrolliert, warum das Schalten nicht mehr möglich ist, ein weiterer „Master“ schweißt das Gehäuse. Und immer, wenn Kleinteile benötigt werden oder Teile, wie bspw. das Gehäuse, zum nächsten Master verbracht werden müssen, rennt man damit quer über die mehrere Hektar große Anlage. Wenigstens weiß man dann genau, was wo verbaut wurde und hat eine 100%ige Preistransparenz. Dennoch hat man wenig Freizeit und kommt bei Parallelisierung von Arbeitsschritten schon einmal ins Rennen und bei 36°C ins Schwitzen…


heute leider nur unsortiert und zusammengewürfelt


Pamir Highway: 1 | Pologetriebe: 0

So quälten wir uns weiter über den Highway und die Pässe, durch Check-Points, vorbei an zerfallenden Häusern oder auch gerne einmal einem aufgegebenen Motor russischer Produktion, welcher am Straßenrand hinterlassen wurde. Die Ortschaften wurden weniger. Auch die Viehherden verschwanden bald. Fließend Wasser wurde augenscheinlich weniger und die Suche nach Mineralwasserflaschen wurde schwieriger – die Menschen hier trinken Wasser eben aus dem Brunnen. Stromleitungen lagen ebenfalls brach und waren oftmals unterbrochen. Handynetze gab es keine mehr. Weder mit deutscher, noch mit tadschikischer SIM-Karte und weder aus Tadschikistan, noch aus Afghanistan… aber woher auch da, war das Gebiet „Wakhan-Valley“ auf afghanischer Seite doch erst in den 1960er-Jahren geografisch erfasst worden. Das bedeutet wohl, dass es zwischenzeitig genauere Karten vom Mond als von der Region gab.

Wir hatten gelernt, dass der Polo viel (sehr viel!) Drehzahl braucht, um Steigungen und schlechte Straßen zu meistern und so gaben wir ihm unweigerlich die Sporen. Nach einem arg entlegenen Kontrollpunkt in einer unwirklichen Mondlandschaft sollte die Straße besser werden und wir fuhren entsprechend zügig weiter.

Bei etwa 40 km/h im zweiten Gang passierte es dann aber doch. Auf einem Kiesweg hebelte uns eine Bodenwelle aus und wir hatten kurz Schwerelosigkeit – das war der Moment, als ich aus meinem Dämmerschlaf gerissen wurde – und schlugen mit allem was wir hatten plus 9,807m/s² in einen großen Stein am Boden ein.

Dieser durchschlug nicht nur den zusätzlichen Unterbodenschutz, sondern perforierte auch unser original Vier-Gang-Getriebe Baujahr 1991. Nun standen wir da. 4.200m üNN. Mitten im Nichts. Also wirklich im GAR NICHTS. Es hätte der teil-kolonialisierte Mars im Jahre 2613 sein können. Und das Getriebeöl lief über den verdichteten Schotter und bildete eine langsam versickernde Pfütze. Nach kurzem Austausch bildmalerischer Kraftausdrücke wechselte Caius sein Beinkleid von der langen zur kurzen Version und Joggte in Richtung Check-Point und Militärbasis zurück, um einen Abschlepper zu organisieren. (Anm. d. Schreiberlings: Wir waren immer noch auf 4.200m!) Mesi und ich wechselten indes erst das Beinkleid von kurz auf lang, nahmen und dann die Hoodies von awesomeIT, warfen kurz darauf die Daunenjacken gefolgt von den Regenjacken von Pepperl+Fuchs über und freuten und im Polositzend über o.g. Sponsoren und dass wir daran dachten warme Kleidung mitzunehmen.

 

Zumindest ein Bisschen „Glück im Unglück“…

…hatten wir, als nach ca. 35 Minuten ein kleiner Konvoy von Mongol Rally Teams auftauchte und ein immer noch schnell atmender Caius aus einem der Wagen krabbelte. Es wurde kurz gefachsimpelt, was kaputt sein könnte und wie man wohl am besten zu einer Werkstatt kommt und schlussendlich wurde ein Abschleppseil ausgepackt und Tim vom „Team“ solo_and_lost uns knappe 50 (fünfzig!) Kilometer durch massiv schlechtes Terrain bis ins nächste Dorf zog. In Alichur checkten wir ins erstbeste Guest-House ein und der Besitzer erkannte nicht nur direkt unser Dilemma, sondern hatte am Vortag direkt einem anderen Team einen Lkw organisiert, der sie nach Osh / Osch (Kirgisistan) brachte. Er telefonierte direkt los, schüttelte jedoch immer wieder den Kopf, als wir ihn beim Vor-Abendessen sahen.

In dem „Hotel“ waren neben einem vermeintlich italienischen Pärchen, was den Pamir auf dem Rad durchquerte, auch Jack, der Brite, der auf dem Motorrad die Welt umfährt und eine ältere Dame aus England, welche alleine mit einem lokalen Fahrer unterwegs war und allerhand zu erzählen wusste. Wir hatten einen (für Mesi und mich kurzen) unterhaltsamen Abend und konnten kurz vor dem Schlafengehen noch einen Transport nach Osh aushandeln! Wenngleich dieser auch fast so viel wie der Polo kostete, brachte er uns doch aus der Wüste in eine hoffentlich noch existente Zivilisation.

 

Erstens kommt es anders…

…und zweitens als man denkt.

12 Stunden Schlaf später (Guest-House, Camping und ein paar tausend Meter Höhenunterschied hatten bei mir offensichtlich Spuren hinterlassen) waren wir wach und freuten uns, dass der Lkw samt Fahrern überpünktlich vor der Unterkunft stand. Ein Mercedes Bens Vario 811D von geschätzt 1987 mit Kastenaufbau von Fruehauf.

Dieser wurde rückwärts von unten an die Straßenböschung gefahren und der Polo von der Straße aus hineingeschoben. Die Ersatzreifen hinderten zwar den ersten Anlauf aber schlussendlich war der Polo nach wenigen Minuten absolut unsicher, in einem alten, kaputten Benz verstaut. Damit der Polo auf den schlechten Straßen nicht in der Kiste hin und her hüpft wurde (gegen unseren Willen) die Luft aus den Reifen/Schläuchen gelassen. Anschließend wurde noch allerhand Gepäck der Fahrer und unsere Ersatzreifen links, rechts, vor und unter dem Kfz verstaut bis es los ging.

Nach wenigen Kilometern wurde noch einmal geprüft, ob der Polo noch gerade steht und so rumpelten wir dann nach Nord-Westen in Richtung Murghab. Dies war unser eigentliches Ziel für den Vortag und so waren wir doch etwas erstaunt, dass es sich hier um einfachste Behausungen, Jurten und Container handelte. Wir konnten kurz Wasser und Brot einkaufen und es wurde noch schnell per Trichter aus einem oberirdischen Tank getankt. Es sollte noch ein zweiter Fahrer zusteigen und so rumpelten wir durch die „Stadt“… Quasi durch Vorgärten und Wäschespinnen – gäbe es denn welche. Auf einem Hügel am Ortsrand angekommen, wurde der Vario von einer ganzen Familie umringt und es wurde mehr und mehr Zeug in den Wagen geladen. Teppiche, Taschen, Pakete aus zusammengeknoteten Decken, Säcke, … Die Wartezeit verkürzend wurden wir in das Haus des Fahrers auf einen Tee eingeladen, was direkt eskaliert und man für uns Brot aufschnitt (welches in dieser Region für die Menschen heilig ist) und zusammen mit Joghurt, Marmelade, Kartoffeln, Fleisch, etc. gereicht… Wir tranken zwei Tassen Tee und aßen kurz etwas Brot, bevor wir uns bedankend in den Benz setzten und weiterfuhren.

 

So weit, so gut…

…ach nee, doch nicht.

Wir fuhren also weiter und rumpelten so über die Straßen. Die Strecke Alichur nach Osh sind ca. 550km, für die 15 Stunden Fahrzeit (und eigentlich eine Übernachtungspause) angesetzt waren. Wir trafen ein paar Rally-Teams und passierten einige Kontrollstellen des Militärs. Auch standen wir überraschenderweise vor dem Zaun des Niemandslands nach China! Hier wurde einmal schnell der Stoßdäpfer des Varios auf offener „Straße“ ausgebaut, da er wohl nicht mehr ganz seinen Dienst erfüllte. Wir nutzten die Zwangspause zur Erkundung des verlassenen Grenzpostens eines scheinbar dort ehem. existenten Grenzübergangs zwischen Tadschikistan und China. Hier fanden wir auch ein beeindruckendes Geweih eines Marco-Polo-Schafs, was dem ganzen eine noch morbideren Anstrich gab.

Und dann sahen wir es…

Der Fahrer öffnete zur Sichtprüfung des Polos die Ladetür und der beißende Geruch von Benzin trat allen sofort entgegen. Der Ladeboden schwamm vor Benzin und sofort tropfte eine Lache auf die Schotterstraße. Wegdiskutieren konnten wir nicht, dass es der Polo war, fuhr der Vario doch seit gut 32 Jahren mit Diesel um die Welt.

Schulterzuckend, aber auch rätselnd wurde die Fahrt fortgesetzt –  was soll man auch machen?!

 

Tadschikistan/Kirgisistan – Eine der höchsten Grenzen der Welt?

Wir wollten eigentlich in Karakul am See Karakul nächtigen und mussten daher eh über die Grenze. Mittlerweile war es dunkel und so richtig kalt, dass einem die Zähne klapperten. Im Niemandsland entdecken wir ein Schild, was den Pass ,auf dem sich die Grenze befand, auf etwas über 4.200m üNN.

Das verlassen Tadschikistans war ziemliches Chaos. Weder gab es Schilder, noch konnte man Militär von Zivilisten unterscheiden, da auch gerne mal ein Grenzer im Dienst in Jogginganzug und Regenstiefeln durch die Gegend schlurfte. Dieser Spezielle fragte sogar offen, direkt und vor Zeugen nach Geld. Schließlich ließen wir ja unseren Pkw durch die Gegend fahren, statt ihn selbst zu fahren. Lachend, aber offensichtlich verneinend, stiegen wir ein und konnten dann auch einfach weiterfahren.

Ein britisches Team, welches wir trafen, hatte an der Grenze weniger Glück. Ein Kontrollpunkt zuvor hatte ihnen das Visa nicht wieder zurückgegeben und versichert, man brauche das nicht mehr. Diese Info war leider falsch und so hantierten sie mit den Digitalkopien ohne Stempel herum.

Bei der Einreise in Kirgisistan ging alles etwas Zackiger und Militärischer zu und endlich hatten die Wachposten wieder Gewehre, wenn auch keine Magazine…

Ein Blick auf die Ladefläche brachte auch Aufklärung woher das Benzin stammte. Einer der Fahrer/Helfer musste die Ersatzreifen unter den Polo geschoben haben. Die abgelassene Luft aus den Reifen und das brutale Gewackel auf der „Straße“ hat den Tank eindrücken lassen, sodass der Sprit vermutlich wie ein Springbrunnen durch den Laderaum schoss. Auch hatte es dabei den Tankstutzen durch die Klappe gedrückt… Kurzum; der Tank war (auch) durch.

Wir fuhren mit kurzer Pause und einem erneuten Fahrerwechsels aufgrund eines Sekundenschlafs des Fahrers durch bis nach Osh und erreichten unser zwischendurch gebuchtes Hotel.

3,5 Stunden Schlaf können und müssen manchmal auch genügen. Denn dann sollte der Polo abgeladen und zur Werkstatt gebracht werden…


unsortiert und zusammengewürfelt