Ashgabat ist nicht Turkmenistan!

So wenig, wie New York die USA ist oder Shanghai China oder auch Berlin Deutschland wiedergibt, so wenig ist Ashgabat Turkmenistan.
Natürlich gelten Dekrete des „großen Führers“ – wie beispielsweise der Erlass, dass sich jeder Turkmene ein Fahrrad zulegen muss! – für das komplette Land, die Dichte an weißen Fahrzeugen z.B. nimmt jedoch massiv ab. Ebenso, wie die Qualität der Straßen. In Ashgabat noch über fünfspurige Stadtautobahnen mit perfekt gezogenen Straßenmarkierungen gerollt, rumpeln wir seitdem auf immer schlechter werdenden „Straßen“. Teilweise ist der Grünstreifen besser befahrbar, als der (ehemals) asphaltierte Bereich.
Schlaglöcher so groß wie Badewannen, Sandlöcher und vor allem der apruppte Wechsel zwischen relativ guten Strecken und dem Fahrbahnbelag des (Auto-)Teufels ließen die Durchschnittsgeschwindigkeit Richtung usbekische Grenze auf unter 30km/h fallen. Hinzu kam noch ein platter Reifen durch ein unachtsam angefahrenes Schlagloch.

Nahe der Grenze in Köneürgench angekommen, fand Caius sofort den kleinen Reifenspezialisten des Dorfes in einem absolut unscheinbaren Häußchen am Straßenrand. Nur der aufgebockte 5er BMW und ein kleiner Stapel Reifen ließen erahnen, dass man hier seine Pneus richten lassen kann.
Die Reperatur, inkl. abziehen des Mantels, Prüfung des Schlauchs (wir fahren mit Schläuchen), Prüfung des Mantels, Flicken des Schlauchs, Auswuchten, zurücktauschen des Rades, kostete 10 Manat… nicht einmal 0,50€!

Auch die Suche nach einem Restaurant gestaltete sich schwierig, da auch diese nicht angepriesen waren – von Google Maps ganz zu schweigen.
Dennoch entdeckte ich im Augenwinkel ein Bild von einem gefüllten Teller, sodass wir schnurstracks daraufzusteuerten.
Vor dem Lokal wurden wir von einem freundlichen Turkmenen auf Deutsch begrüßt. Er und seine zwei Begleiter folgten uns ins Restaurant und übersetzten für uns – Englisch wird hier nicht wirklich mehr gesprochen und mein Russisch ist dann doch zu schlecht.
Es gab Lahmachun und Pide. So aßen wir noch schnell Frühstück, Mittag und Abendbrot in einem und wollten schnell zur Grenze.
Überraschenderweise hat der neue Kumpel aus Turkmenistan die Rechnung beglichen. 82 Manat! Einfach so. Aus Gastfreundlichkeit. Das wäre in Deutschland wohl ein Pressebericht wert.

Angekommen an der Grenze wurden wir von vier Militärs auf turkmenischer Seite harsch aufgehalten und durften uns dem Zaun zum Niemandsland auch nicht näher als drei Meter nähern. Die vermeintlich 18-jährigen mit Sturmgewehren deuteten uns zur Umkehr und nach ein wenig „Hand-Fuß-Google-Translate-Russisch“ war klar: die Grenzen sind abends zu. Alle.
Der Blick nach rechts und links erinnerte stark an den ehem. Todesstreifen der innerdeutschen Grenze. Es würde mich nicht wundern, wenn in dem ca. zwei Meter breiten Streifen zwischen zwei Zäunen tatsächlich Minen liegen!

So drehten wir also um und suchten uns eine Bleibe. Das einzige „Hotel“ des Ortes war ein Sammelsorium aus sieben alten Soviet-Betten pro Raum, bezogen mit (dreckiger) Kinderbettwäsche und einem Badzimmer, das eher dreckig als sauber macht.
Ein turkmenisches Gesetz schreibt vor, dass man nicht Campen darf, wenn es im Ort ein Hotel gibt. Nach der letzten Begegnung mit dem Geheimdienst(?) in Ashgabat, hatten wir recht wenig Lust auf eine erneute Konfrontation.
Genervt, frustriert und müde suchten wir uns aus den Betten das Bettzeug mit dem wenigsten Mäusekot und schliefen mit wummernden Bässen der angrenzenden Nachbarschaftsparty ein.

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-Tobi

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